Die Meinung von Martin Beier, foto mb

Finanzminister Lindner und die Kollegen in den Ländern können sich auf ihre Kunden verlassen: klassische Fonds, die beliebten ETF, Banken und sogar die EZB kaufen ihnen laufend sämtliche  Bundesanleihen und sonstigen Bundes- und Landeswertpapiere ab; ganz egal, wie gefährlich Staatspapiere für Banken, Fonds und Sparer werden können. Die Meinung von Martin Beier

Deutsche Banken und Sparkassen zahlen regelmäßig enorme Milliarden-Beträge bei den Finanzministerien ein, wenn dort neue Staatsanleihen, Obligationen oder Schatzanweisungen angeboten werden. Damit nicht genug: Ausländische Banken zählen ebenfalls zu den Käufern von Bundes- und Landesanleihen. Die Käufer sind zusammengeschlossen im Bundesanleihen-Konsortium. Das ist eine Art Geldgeber-Kartell für Staatsschulden.

Zwang zu Staatskrediten

Für Fondsmanager und Banker besteht sogar eine Art Zwang, immer neue Staatsanleihen in ihre Bestände aufzunehmen: Fondsmanager bekommen neue Gelder von ihren Kunden eingezahlt. Damit sind sie faktisch gezwungen, entsprechend ihren Anlagevorschriften Anleihen zu kaufen; ganz gleich, ob es wenig Zinsen dafür gibt oder demnächst vielleicht mehr Zinsen dafür geben wird. Obendrein werden Fondsmanager letztlich danach bezahlt, wie viel Geld sie neu für ihre Fonds einwerben und wie viel Verwaltungsgebühren ihre Arbeitgeber dafür aus den Fonds entnehmen dürfen; ganz gleich, wie sich die Werte der Fonds für deren Anleger-Kunden entwickelt haben.

Staat fördert Staatskredit

Für Banker und Sparkassen-Manager besteht noch ein subtilerer Zwang, faktisch alles zu kaufen, was von Staatsseite angeboten wird: Banken und Kassen müssen nämlich nicht einen einzigen Cent als Sicherheits-Eigenkapital nachweisen für Staats- und Landesanleihen, die sie für ihre Bilanzen kaufen. Anders als für Kredite an Unternehmen und Privatleute sind Staatskredite also schön für das Wachstum der Bilanzen von Banken und Sparkassen. Für „normale“ Kredite an Bürger und Arbeitgeber im Staat müssen die Banken immer mehr Eigenkapital in ihren Bilanzen bilden.

Was machen mit überzähligen Milliarden?

Bürger und Arbeitgeber geben Banken und Kassen dann auch noch – wie selbstverständlich – ihre Spargelder. Auf Sparkonten und Festgeldkonten haben Bürger und Arbeitgeber mehr Milliarden liegen als die Konto-führenden Institute gleichzeitig als Kredite an Unternehmen und Privatpersonen herausgeben wollen. Für Finanzinstitute ist das ein Problem: Was machen mit den ihnen anvertrauten überzähligen Milliarden? Die Antwort lautet: Bundes- und Landesanleihen kaufen, also Staatskredite vergeben.

Sensible Verhältnisse

Besonders sensibel ist der Umstand, dass Banker sich sehr genau beobachten. Wer macht bei den Neuausgaben (Neuemissionen) von Staatsanleihen mit? Wer macht vielleicht nicht mehr so viel mit wie bisher? Warum macht er nicht mehr so viel mit? Was ist mit seiner Bilanz? Banken und Sparkassen geben sich auch untereinander Gelder oder Kredite im sog. Interbanken-Handel. Auf diese Weise lassen sich Bilanzen aufblähen oder einschrumpfen. Der Interbanken-Handel gewährt den Händlern intime Einblicke in die Lage der Institute. Wer viel Interbanken-Kredit braucht oder bei Neuemissionen von Bundes- und Landesanleihen weniger mitmacht, der kommt auf die Beobachtungsliste.

Bedienungssystem

Für Minister Lindner und die Kollegen in den Ländern ist es eine angenehme Sache, dass die Geldinstitute faktisch gezwungen sind, bei allen ministerialen Neuemissionen mitzumachen. Die Minister bekommen sogar mehr Geld angeboten als sie überhaupt haben wollen. Intern rühmen sich Staatssekretäre stellvertretend für ihre Minister, wie viele Milliarden sie für wie wenig Zins  und wie lange hereingeholt haben. Spitzenreiter ist NRW mit 11 Milliarden Euro Schulden, die erst im nächsten Jahrhundert an Fonds, ETF und Sparer zurückzuzahlen sind; egal wie wenig man sich dann noch für das zurückgezahlte Geld kaufen kann.

Staatsbanken gegen Staats-Geldgeber

Brisant wird diese Staats-Bedienungssystem dadurch, dass Staatsbanken gleichzeitig die Zinsschraube drehen. Als zuletzt die Weltmarktpreise für Öl, Gas und andere Rohstoffe sowie für globalisierte Industrieprodukte in die Höhe gingen, glaubten Staatsbankiers diese Art globale Inflation mit lokalen höheren Leitzinsen bekämpfen zu müssen. Die Verantwortlichen der US-Notenbank Fed sowie der europäischen EZB setzten die Leitzinsen so massiv herauf wie noch nie.

Staatliche Zinserhöhung wertet Staatskredite ab

Ziel jeder Leitzins-Erhöhung ist es, dass Kredit- und Kapitalmarktzinsen ebenfalls steigen. Diese Wirkung vollzieht sich sofort. Genauso schnell sinken die Werte von Staatsanleihen, die als Staatskredite schon in Bilanzen von Banken und Sparkassen liegen. Das sind die Gegenwerte jener Milliarden, welche die Geldinstitute nicht als Kredite an Bürger und Arbeitgeber verteilen, von denen sie – abstrakt betrachtet – vorher die (Spar)-Einlagen eingezahlt bekommen haben.

Spekulationen im Kartenhaus

So sensibel wie Banken und Sparkassen sich untereinander belauern, so böse können sie sogar – ganz legal – gegen die Konkurrenz spekulieren. So geschehen vor 15 Jahren bei der IKB Industriebank in Deutschland. So geschehen zuletzt bei der Silicon Valley Bank in Kalifornien. Die Sozialen Medien spielen in diesem „Spiel“ heute eine besondere Rolle. Sie sind gelegentlich der berüchtigte Flügelschlag des Schmetterlings aus der viel zitierten Chaos-Theorie, der das fragile Gebilde einstürzen lässt. Landläufig werden solche Gebilde als Kartenhaus bezeichnet.

Staat stützt Staatskredit

Mit sehr klein gedruckten Genehmigungen ihrer Anleger-Kunden verleihen Fonds sogar Riesenbeträge der Staatsanleihen, die sie eigentlich in Treuhand für ihren Kunden halten. Die verliehenen Anleihen gelten dann als angebliche Sicherheit für verschiedenartigste Spekulationen von Banken, die oft hinter den so harmlos wirkenden Fonds stehen. Dass manche Fondsmanager sich dann auch noch die Leihgebühren ganz oder teilweise in die eigene Tasche der verwaltenden Fondsgesellschaft stecken dürfen, das steht gelegentlich auch ganz klein geschrieben in den Bestimmungen, die kaum jemand liest. Wenn Banken dann irgendwo in Schwierigkeiten mit den Staatskrediten kommen, eilt (natürlich) der Staat zu Hilfe. Das sind letztlich Bürger, Arbeitgeber, Steuerzahler und Wähler.