Lienenk_kleinNRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper: totale Überwachung, foto mb

Der Abriss und der aktuelle Neubau des WestLB-Stammhauses in der Landeshauptstadt Düsseldorf stünden symbolisch für das Ende der Misswirtschaft und für den Aufschwung in NRW. Das sagte NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper jetzt vor den „Düsseldorfer Jonges“. Viel ist jedoch Fassade. Hinter der Fassade herrscht weiter der übel anmutende Geist der alten WestLB, der WestLB-Skandal.

Er könne kotzen, sagte WestLB-Mitarbeiter Bernd W. schon vor Jahren, als er die Dokumente sichtete, welche die Steuerfahndung Köln gerade herausgegeben hatte. Die Fahnder hatten genau diese Beweisdokumente 1996 in der WestLB beschlagnahmt. In der Folge hatten die Fahnder die Leute unter dem damaligen WestLB-Chef Friedel Neuber† überführt wegen rechtswidriger, Millionen schwerer Machenschaften.

Landes-Komplex deckt Landesbank

Diese alte Sache WestLB ist bis heute nicht vollständig zu Ende gebracht. Katja Baima, die Erbin der damaligen, langjährigen WestLB-Kundin Lucie Baima, weist schlüssig nach, dass ihr Erbe quasi noch in der WestLB steckt; genau genommen in der Nachfolgebank Portigon in Düsseldorf. Portigon steht heute unter der Obhut von Landesfinanzminister Lienenkämper.

Der frühere WestLB‘ler W. ist nach eigener Aussage inzwischen in einer Beschäftigungsgesellschaft untergekommen – und zwar bei einem weiteren WestLB-Nachfolgeinstitut, der EAA in Düsseldorf. EAA steht für Erste (WestLB)-AbwicklungsAnstalt. Nicht mehr lange hat Bernd W. dort zu erscheinen, wie er sagt. Dann wird das Kapitel Erwerbsleben für W. abgeschlossen sein. Der erfahrene Banker aus dem früheren Controlling der WestLB kann aus den Ziffernfolgen auf den ihm von Katja Baima vorgelegten Dokumenten der Steuerfahndung Köln erkennen: „Die Papiere Ihrer Mutter haben die Bank niemals verlassen. Dennoch werden Sie das Geld Ihrer Mutter nie wiedersehen“. So flüsterte W. damals die düstere Prognose in seinem Arbeitszimmer in der WestLB in Düsseldorf. Die Tür stand offen. Die WestLB behauptet, sie habe die Wertpapiere an Mutter Baima herausgegeben; z.B. WestLB-Inhaberschuldverschreibungen, japanische Anleihen und Philips-Aktien.

Maulkorb für Controller

Katja Baima hatte die Dokumente gerade in Köln von den Steuerfahndern herausbekommen, die 1996 zur Razzia in Düsseldorf erschienen waren. Wohlgemerkt, es handelt sich um Originalabrechnungsdokumente der WestLB. Bevor sie die Dokumente von den Steuerfahndern ausgehändigt bekam, musste die in Köln geborene Erbin Baima den Finanzbeamten schriftlich geben, sie werde die Steuerschulden begleichen, die das Finanzamt noch zu Lebzeiten ihrer Mutter aufgebrummt hatte, freilich ohne dass die Mutter jemals über die besteuerten Zins- und Dividenden-Einnahmen und erst recht nicht über das ebenfalls noch besteuerte Vermögen verfügte. Beides steckt bis heute im WestLB/Portigon- und im EAA-Komplex.

Die WestLB will ihre eigenen, zwischenzeitlich beschlagnahmten Abrechnungsdokumente nicht anerkennen. Sie behauptet gleichzeitig, ihre eigenen Dokumente seien zeitgerecht vernichtet worden. Gutachterliche Darstellungen der Vorgänge verweisen Rechtsanwälte der Landesbank dreist in den Bereich von Hypothesen. Landesrichter schenken den Angaben der Landesbank mehr Vertrauen als den Vorträgen der geschädigten Bürgerin. Politiker jeglicher Couleur freuen sich insgeheim im wahrsten Sinne des Wortes diebisch über den guten Deal für das Land: Statt nur die Steuern zu haben hat das Land das gesamte Baima-Vermögen! Mit Zinsen und Zinseszinsen geht es inzwischen um mehr als zwei Millionen Euro. Katja Baima lebt von Minirente und Zusatzstütze.

Kundenberater plötzlich verstorben

Für das Land NRW und seinen jeweiligen Finanzminister sind zwei Millionen nicht viel Geld. Die Sorge der Politiker und ihrer Staatsbanker ist jedoch groß. Plötzlich könnten mehrere Hundert weitere, ähnlich wie Katja Bima geschädigte „auf der Matte“ stehen und ihr Geld von den berüchtigten sog. verschwundenen Konten bei Portigon herunterfordern. Dann ginge es wahrscheinlich um mehrere Hundert Millionen Euro.

Nach dem Besuch von Katja Baima in seinem Büro an der Herzogstraße in Düsseldorf bekam Controller W. von den WestLB-Oberen einen Maulkorb verpasst; ebenso Direktor Georg Richter, der damalige Kundenbetreuer der WestLB-Niederlassung in der Kölner Innenstadt. Die Maulkörbe zurrten die WestLB-Oberen so fest, dass es sogar zu Handgreiflichkeiten kam, als Erbin Baima mit Sohn den Kontakt zu den Insidern suchte. Richter ist wenig später verstorben. Ex-Controller W. packte kürzlich das Gewissen, als er vom Leiden der Katja Baima erfuhr. W. gab seine Hand und einen festen Augenkontakt darauf, dass er mithelfen werde, das Baima-Vermögen endlich aus dem WestLB-Komplex herauszuholen.

WestLB-Skandal: Süd-Methoden

Die Überwachung des Landesbank-Komplexes und des WestLB-Skandals ist total. Selbst das höchst wissenschaftlich angehauchte Landesarchiv NRW in Duisburg macht die Schotten dicht, wenn es um Archivgut der WestLB geht. Landesbeamter Dr. Uwe Zuber, oberster Geheimniswächter des Archivs, fragt geradezu unterwürfig beim Ministerium an, ob er WestLB-Unterlagen herausgeben dürfe. Die Antwort ist klar: Wenn Straffahnder die Unterlagen haben wollten, dann würde er sie natürlich freigeben. Ansonsten gelten Geheimhaltungsfristen wie für Unterlagen des Pentagon. Düsseldorfer Steuerfahnder bekamen jedoch Weisung von oben, nicht weiter gegen die WestLB vorzugehen, nachdem die Landesbank Millionen an Strafe gezahlt hatte.

Und als Ex-Controller W. jetzt beim Wort seines jüngsten Versprechens genommen werden sollte, da war ein erboster Vorgesetzter M. am Telefon. Er droht mit Maßnahmen, wenn man W. weiter belästige; auch außerhalb der Anstalt. Solche Methoden glaubt man eigentlich nur aus Südeuropa zu kennen.