„Tor 1“ in Leverkusen: Stammhaus von Bayer
Die Aktie von Bayer (Leverkusen) ist seit einem Jahr das viertschlechteste Papier unter den deutschen Spitzen-Aktien. Die Zeichen stehen auf Sturm. Harmlose Anleihen-Anleger sollen nun Mega-Risiken des Monsanto-Deals übernehmen.
Im Herbst 2016 ist die Aktie von Bayer 20 % weniger wert als im Herbst 2015. Zum Vergleich: Die 30 wichtigsten deutschen Aktien (einschließlich Bayer) sind im Herbst 2016 genauso viel wert wie 2015. BASF, die andere deutsche Chemie-Aktie mit Weltgeltung, wird zum selben Zeitpunkt um 5 % höher bezahlt, Henkel um 15 % höher. Adidas, die momentan beliebteste deutsche Aktie, hat in den jüngsten zwölf Monaten fast 90 % an Wert gewonnen.
Rote Karte für Bayer
Nur Aktien von Deutsche Bank, Commerzbank und vom Atomstromer E.On waren zuletzt schlechter als Bayer. Ohne den negativen Kurssog von Bayer stünde der entscheidende Deutsche Aktienindex, der DAX-Kursindex, um einige Punkte höher als vor einem Jahr. Hunderte Investmentfonds und Millionen Anleger könnten sich über gestiegene Werte freuen. Das heftige Minus der Bayer-Aktie gewinnt insoweit noch an Bedeutung als die Zahlen des Bayer-Konzerns aktuell sehr gut aussehen. Hinter den Kulissen sind jedoch schwerwiegende Entscheidungen gefallen. Maßgeblichen Aktionären gefallen diese Entscheidungen offenbar ganz und gar nicht.
Mehr als ein Viertel aller Aktien von Bayer werden von nordamerikanischen Anlegern gehalten. Wichtigster Einzel-Aktionär ist Vermögensverwalter BlackRock Investment. Der Multi-Milliarden-Verwalter kennt sich in USA und in Deutschland sehr gut aus. Er weiß, was wahrscheinlich abgehen wird, wenn Bayer tatsächlich bei Monsanto (Glyphosat) einsteigt. Der Verwalter hat zudem ein Gefühl dafür, was in der Konzernspitze von Bayer abgegangen sein muss. Bis April 2016 war Marijn Dekkers Vorstandsvorsitzender von Bayer. Dekkers war Jahrzehnte lang mit allen Wassern der Kampfstrategien in der amerikanischen Wirtschaft gewaschen, als er 2010 aus USA nach Leverkusen geholt wurde. Völlig überraschend hatte der heute 59jährige Dekkers dann aber seinen Vorstandsvertrag nicht über 2016 hinaus verlängern wollen. Der gebürtige Holländer hat Bayer sozusagen die rote Karte gegeben. Er ist mit Familie zurück in die USA gezogen, heißt es.
Doppelrolle von Aufsichtsrat Wenning
Schon wenige Wochen nachdem Dekkers in Leverkusen weg war, ist sein Nachfolger Werner Baumann die Übernahme von Monsanto (USA) angegangen. Diese Übernahme war offenbar schon zu Dekkers-Chefzeiten Thema im Bayer-Vorstand. Baumann war unter Dekkers Strategiechef von Bayer. Sein damaliger Monsanto-Übernahmevorschlag scheint jedoch – nach allem, was man hört – am Veto von Dekkers gescheitert zu sein. Anders ist es undenkbar, dass Baumann den Plan schon wenige Wochen nach seinem Start als Bayer-Chef angehen konnte. Bemerkenswert: Bayer-Aufsichtsratschef Werner Wenning hat Dekkers nach Leverkusen geholt und wieder ziehen lassen. Jetzt hat Wenning Baumanns Monsanto-Plan abgenickt.
Mit allen Tricks
Wenn Monsanto so viel wert wäre, wie die Bayer-Aktionäre dafür zahlen sollen, dann würden „die Amerikaner“ diese angebliche Perle niemals in deutsche Hände weggehen lassen. US-Chemieriesen, etwa Du Pont oder Dow, hätten sich diese Perle geschnappt. Sie hätten mit Papier-Währung „Aktien“ bezahlt. Jetzt werden die Amerikaner mit besonderem Interesse zusehen, wie Bayer bare Mega-Milliarden für Monsanto ausgibt. Dann wird wahrscheinlich der Kampf gegen den künftigen deutschen Weltmarktführer beginnen – mit allen Tricks, die z.B. Exchef Dekkers und Vermögensverwalter Blackrock aus der amerikanischen Wirtschaftswelt kennen.
Anlegerfalle Anleihe
Fast vergessen ist schon, wie Bayer vor 15 Jahren schon einmal mit ambitionierten Plänen in USA unter Druck kam: Die Bayer-Aktie stürzte von 50 auf 15 €. Manche Anleger haben jetzt offenbar Angst, die Geschichte würde sich wiederholen. Diese Anleger nehmen selbst die extrem schwachen Kurse in Kauf, um Bayer-Aktien verkaufen zu können. Bayer lockt derweil harmlose Anleger mit einer hoch verzinslichen Anleihe. Diese Anleihe will Bayer aber nicht in Bar zurückzahlen sondern mit Aktien – auch wenn deren Kurs dann wesentlich niedriger stehen sollte als heute.