Ein Kommentar von Martin Beier, Finanzjournalist seit 1979

Sparer in Immobilienfonds staunen über sinkende Anteilwerte bei steigenden Mieten und Häuserpreisen. Anteile an Anleihen-/Rentenfonds sind weniger wert, obwohl die Zinsen steigen. Für Aktien von Amazon, Alphabet oder Tesla z.B. bekommen Verkäufer nur heftig gesunkene Kurse. Deutsche Aktien stehen zum Jahreswechsel 22/23 tiefer als vor 22 Jahren. Obendrein schmerzt Inflation und die Suche nach Optimismus. Dabei haben es Sparer und Anleger selbst in der Hand, was sie aus ihren Anlagen machen.

Fische und Anleger auf dem Trockenen

Zuletzt ist auch noch das Fischbecken im DomAquarée in Berlin geplatzt. Wie viel Versicherer ersetzen werden, das steht wahrscheinlich noch lange dahin. Betroffen sind Sparer, die Anteile am Fonds UniImmo Deutschland besitzen. Der spektakuläre Hotel-, Büro- und Wohnungs-Bau steht mit 433 Mio. € als Nr. 3 von 93 Objekten in der jüngsten Jahresbilanz dieses Fonds. Gegenüber den Anfängen aus 2005 bedeuten diese 433 Mio. nur etwa 1 % Wertgewinn pro Jahr.

Immobilien-Sparer enttäuscht

Inhaber der Anteile des UniImmo Deutschland können sich nicht mal über 1 % Wertgewinn freuen; will sagen: Die anderen 92 Bauten des Fonds sind in Summe und nach Abzug aller Kosten des Fonds keinen Deut besser als der Dom Aquarée. Ende 2005, als es mit dem DomAquarée losging, hatten die Anteile am UniImmo einen gutachterlich ermittelten Wert von knapp 100 Euro. Heute sind es knapp 90 Euro. Ja, der Fonds, in dem tausende Sparer heute zusammengerechnet mehr als 15 Mrd. Euro stecken haben, hat jedes Jahr überschüssige Mieteinnahmen ausgezahlt. Das sind aber bei Weitem nicht solche Beträge, die auch nur annähernd den allgemein wahrgenommenen Steigerungen von Mieten, Grundstücks-Preisen und Gebäude-Werten entsprechen würden. Die vielfach erhoffte Rettung der Renten der Fonds-Sparer ist mit solchen Auszahlungen nicht zu schaffen; zumal nicht, wenn gleichzeitig die Werte der Fonds-Anteile nicht steigen oder gar schrumpfen.

Ergebnisse schön gerechnet

Mit dem bescheidenen Ergebnis des UniImmo Deutschland stehen dessen Kunden nicht allein da. Andere dieser sog. Offenen Immobilienfonds weisen ebenfalls seit Jahren negative Entwicklungen ihrer Anteilwerte auf. Ja, die Verwalter der Fonds der Volksbanken-Gruppe, der Sparkassen, von Versicherungen und privaten Banken stellen die Entwicklungen der Anteilwerte nach einer anderen Methode dar. Nach dieser sog. Performance-Methode steigen die Werte. Diese Darstellungen sind erlaubt, aber völlig realitätsfern. Wer vor zehn Jahren z.B. für den Anteil des Grundbesitz Europa Fonds 45 Euro bezahlte, der freut sich bestimmt nicht, dass er für denselben Anteil heute nur knapp 40 Euro bekommen würde. Die allgemein übliche Darstellung suggeriert jedoch, der Wert des Anteils sei in denselben zehn Jahren von knapp 31 auf jetzt knapp 40 Euro gestiegen. Ohne den Blick durch die Interessen-Brille der Fondsverwalter scheinen diese Fonds wenig geeignet für die Aufbesserung der Renten von Fonds-Sparern. Schon gar nicht sind sie – nach sachverständigem Urteil – als mündelsicher zu bezeichnen. Dass dies dennoch immer wieder passiert, hat mit unsachgemäß genehmigten Anträgen durch Gerichte zu tun.

Hoffnungen stecken in ETF

Ein Blick in die Immobilien- und Zinslandschaft lässt schwerlich erwarten, dass Offene Immo-Fonds in Zukunft bessere Ergebnisse abwerfen werden – und zwar für enorme 130 Mrd. €, die Sparer aktuell in diesen Fonds stecken haben. Für andere Fonds und ETF-Fonds sieht es freilich auch nicht entscheidend besser aus. Der BVI-Fondsverband zeigt, wie Fonds mit Anlagen in Anleihen, sog. Rentenfonds, im Branchendurchschnitt seit fünf Jahren jedes Jahr an Wert verlieren; zuletzt teilweise sogar doppelstellig. Der große Allianz Rentenfonds z.B. macht da keine Ausnahme. Vor zehn Jahren zahlten Sparer knapp 45 € für den Anteil an diesem Fonds. Heute würden sie bei einem Verkauf knapp 43 Euro dafür herausbekommen. Vor zwei Jahren war der Wert dieser Anteile auf 50 Euro gestiegen. Seither steigen allgemein die Zinsen für Anleihen/Renten, aber der Wert des Allianz-Fonds sinkt genauso wie die Werte anderer Rentenfonds. Die Schere der Enttäuschungen ist freilich nicht allein das Ergebnis von Fehlern der Fondsverwalter sondern die Folge schlichter Finanz-Arithmetik.

Arithmetik spricht gegen Zins-Fonds

Diese Arithmetik wirkt sich faktisch auf alle Zins- und Rentenfonds aus. „Erzielte Ergebnisse sind keine Gewähr für künftige Ergebnisse!“ Darauf weisen Fondsverwalter zutreffend hin. Tatsächlich will auch niemand, dass sich die zuletzt negativen Ergebnisse wiederholen – zumal für insgesamt massive 200 Mrd. Euro, die Anleger aktuell in solchen Fonds deutscher Verwalter liegen haben. Aussicht auf bessere Ergebnisse ist schwer zu erkennen. Die Zinsen sind allgemein immer noch erschreckend niedrig im Vergleich zu inflationären Verlusten an Kaufkraft. Doch sofern allgemein die Zinsen tatsächlich steigen, werden die mit niedrigeren Sätzen der Vergangenheit auf Jahre fest verzinsten Wertpapiere, sog. Festverzinsliche, quasi automatisch weniger wert. Sprich, dann rechnen sich die Anteilwerte entsprechender Rentenfonds weniger hoch aus.

Käufer gesucht

Für ETF kommt es darauf an, welche Art Wertpapiere in diesen Fonds liegen. Sehr viele Sparer zahlen monatlich feste Beträge in ETF ein. Die Freude ist freilich jedes Mal begrenzt, wenn es für dasgleiche Geld mehr ETF gibt; allerdings nur, weil der Anteilwert der ETF gesunken ist. Das war 2022 vielfach der Fall, weil fast überall u.a. Aktien von Amazon, Alphabet oder Tesla in den Fonds liegen; Ende 2022 mit teilweise krass niedrigeren Kursen. Ob russische Oligarchen verkauft haben oder Spekulanten, die auf Kredit gekauft hatten, das ist im Detail nicht bekannt. Jedenfalls waren nicht genug Käufer da, die das angebotene Verkaufsmaterial zu nicht gesunkenen Kursen aufgenommen hätten. Die 22er Kursverluste der US-Riesen betreffen auch zehntausende deutsche Sparer. Fast 200 Mrd. Euro haben diese Sparer aktuell allein in ETF liegen, die von deutschen Fondsverwaltern betreut werden. Weitere Milliarden warten z.B. bei französischen, britischen oder amerikanischen Verwaltern auf bessere Kurse und höhere Anteilwerte.

Anleger haben es selbst in der Hand

Dass deutsche Aktien vom Boom der ETF profitieren könnten; das ist vielleicht für 2023 zu erwarten oder zu erhoffen. 2022 fanden sich nicht genügend Käufer für deutsche Aktien. Verkäufer mussten weit überwiegend sinkende Kurse in Kauf nehmen; z.B. für Aktien von Adidas, Deutsche Post oder Siemens ebenso für Weltmarktführer BASF, für Milliarden-Gewinner Daimler oder für VW. 30 der 40 Aktien, aus deren Kursen der Deutsche Aktienindex errechnet wird, sind Ende 2022 bis zu 50 % weniger wert als zu Beginn desselben Jahres.

Norweger und Schweizer suchen deutsche Aktien

Gäbe es nicht das angenehme Problem im Königreich Norwegen, stünden deutsche Aktienkurse noch tiefer. Die Norweger wissen nicht, wohin mit überschüssigen Milliarden aus dem Verkauf von Öl- und Gas z.B. nach Deutschland. Sie zahlen diese Milliarden in ihren Staatsfonds ein. Und der kauft dann u.a. deutsche Aktien. Die Schweizer Eidgenossen haben ein anderes Problem: Damit ihr Franken nicht noch weiter steigt, verkauft die Schweizer Nationalbank Franken gegen Euro und erwirbt damit dann deutsche Aktien. Aus den Öl- und Gasstaaten Arabiens fallen die Katari auf: Der Katar-Staatsfonds hat bereits so viele deutsche Aktien und ähnliche Wertpapiere gekauft, dass Beteiligungen gemeldet werden mussten; z.B. an: VW, Siemens, an der Deutschen Bank, RWE oder an der Reederei Hapag Lloyd.

Mehrheiten sind verkauft

Bekannt ist, dass ausländische Anleger, z.B. auch Fonds aus den USA, inzwischen die Mehrheit der Aktien vieler der angeblich großen deutschen Aktiengesellschaften halten. Es gibt also nicht nur die Abhängigkeit von importierter Energie oder vom Exportmarkt China. Es gibt auch eine Abhängigkeit von ausländischen Finanzen; zuletzt schillernd ablesbar an der Herauslösung der Porsche AG aus der von der deutsch-österreichischen Porsche/Piech-Familie beherrschten Volkswagen AG.

Fonds und ETF helfen den Aktienkursen

Höhere Kurse haben die Auslands-Milliarden freilich nicht gebracht für deutsche Aktien: Der DAX-Kursindex steht Ende 2022 so tief, wie er nach damals zehn Jahren Aktien-Boom im Jahr 2000 hoch stand. Das weniger bittere Bild, das der angeblich wichtigste deutsche Index, der DAX-Performance, vermittelt, ist ein völlig unrealistisches Bild von knapp 14.000 Punkten per Ende 2022. Den „richtigen“ Index, den DAX-Kursindex, rechnet die Deutsche Börse per Jahresende 2022 nicht mal auf 6.000 Punkte aus; wohlgemerkt indem die Börse ihren quasi selbst festgestellten Aktienkurs mit in den Index einrechnet. Dieser „Börse-Kurs“ ist einer der ganz wenigen Kurse, die Fonds und ETF 2022 höher gekauft haben. Sie haben sich insoweit selbst geholfen – wenigstens ein bisschen.

Düsseldorf, 30.12.2022