NRW-Finanzministerium Düsseldorf, foto mb

Millionen Sparer zahlen brav jeden Monat in ETF und andere Investmentfonds ein. Und werden oftmals böse bestraft: Milliarden-Verluste mit angeblich mündelsicheren Anleihen des Landes NRW. Die Meinung von Martin Beier

Jüngst hat NRW-Finanzminister Markus Optendrenk frisches Geld für die Schuldenkasse von NRW besorgt: Insgesamt 2 Milliarden EURO haben Anleger Optendrenk auf die neue Landesanleihe eingezahlt – und zwar für das Versprechen des Landes NRW, jedes Jahr am 7. März 3,40 % Zinsen dafür zu zahlen – 34 Euro für jeweils 1.000 EURO Nennwert. So weit, so gut. 3,40 % pro Jahr sind mehr als jede Sparkasse oder Volksbank zahlt. Es ist aber weit weniger als Sparer und Anleger gleichzeitig an Kaufkraft verlieren.

Dreiste Zumutung

Minister Optendrenk mutet es dennoch seinen Bürgern und Sparern zu, dass sie nicht weniger als 50 Jahre lang diesen kaufkraftmäßig schlechten Zins hinnehmen müssen. Erst am 7. März 2073 sollen sie ihr Geld zurückbekommen. Das ist der dreiste Hammer, den sich der jugendlich wirkende Finanzminister (Jgg. 1969) erlaubt.

Es sei Optendrenk gern vergönnt, das Jahr 2073 und damit die Fälligkeit „seiner“ Anleihe zu erleben. Mit Sicherheit wird der CDU-Mann dann aber nicht mehr Verantwortung dafür tragen, dass die Gläubiger der Anleihe ihr Geld zurückbekommen; geschweige denn, wie viel oder wie wenig sie sich von dem Geld noch werden kaufen können. Ich finde das unanständig! Der Minister hat den Eid geschworen, zum Wohle der Bürger und Wähler zu handeln.

Selbstbedienung statt Streikzwang

Wenn Geld in der Kasse ist, dann ist das immer zum Wohle des Landes und dementsprechend auch seiner Bürger, so heißt es immer wieder in politischen Kreisen. Kritiker sehen freilich erstmal, wie gewählte NRW-Landespolitiker zunächst an ihr eigenes Wohl denken: Automatisch bekommen sie jedes Jahr mehr Geld – und zwar genau so viel mehr, wie ihre Bezüge gleichzeitig an Kaufkraft verlieren. Briefträger, Bahnschaffner und andere Schaffer müssen dafür im Zweifel auf die Straße gehen und streiken.

Es stimmt: Kein Sparer ist gezwungen, Geld für eine so dreiste Anleihe wie NRW2073 zu geben. Die Alternative heißt jedoch: noch weniger Zinsen bei Sparkasse, Volksbank oder anderen Banken. Diese Institute geben dann ihrerseits Geld für die Landesanleihe und machen gleich einen doppelten Schnitt: Die 3,40 % vom Land sind mehr als die vielleicht 0,34 %, die Geldinstitute auf das Geld der Sparer zahlen. Die Anleihe ist gleichzeitig eine Art Steuersparmodell für Geldinstitute. Sie können und müssen die Werte solch langer Anlagen wie NRW2073 herunterschreiben, obwohl diese Papiere nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch als mündelsicher gelten. Diese Abschreibungen gelten jedoch nach dem Steuergesetz als Aufwand. Sie senken den Gewinn und verringern die zu zahlenden Steuern. Das wiederum ist – im Prinzip – nicht gut für die Kasse des Landes. Weswegen das Land früher oder später weitere Anleihen aufnehmen wird.

Absurder Kreislaufzwang

Noch absurder wirkt, dass ETF und Investmentfonds solche langen Anleihen in ihre Bestände aufnehmen. Sparer, die mit normalen Sparzinsen nicht zufrieden sind, folgen brav dem Rat von Banken und Sparkassen. Sie zahlen in Fonds ein. Wegen der angeblich nicht so hohen Risiken sind das oft Fonds, die sich auf Anleihen spezialisieren. Diese Fonds sind faktisch gezwungen Anleihen zu kaufen. In Zweifel müssen die entsprechenden Fondsmanager sogar so schlechte Anleihen kaufen wie NRW2073. Sie bekommen obendrein auch noch Verwaltungsgebühren dafür aus den Geldern der Fonds ausgezahlt. Fondssparer merken das nur insoweit, wie die Werte ihrer Anteile mehr oder weniger weit hinter den Angaben zurückbleiben, die Werbungen mitunter vermitteln. Oder gar im Wert sinken.

Mehr als 5 Milliarden Euro Schaden

Wie schlecht das für Sparer ist, zeigen vier Landesanleihen, für die Optendrenks Vorgänger Lutz Lienenkämper (ebenfalls Jgg. 1969 und CDU) nicht weniger als 11 Milliarden EURO in die Landeskasse geholt hat. Die entsprechenden Anleihen muss das Land nicht „schon“ 2073 zurückzahlen sondern erst im nächsten Jahrhundert – mit der absehbar minimalen Kaufkraft der Jahre 2119 bis 2122. Diese 11 Landes-Milliarden sind aktuell nicht mal mehr mit der Hälfte wert; mit bösen Folgen für die Anteile der entsprechenden Fonds. Den Schaden haben Sparer und Anleger, die im Zweifel diesen Politikern auch noch ihre Stimmen gegeben haben.