Kommt das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP, dann kommt z.B. das Clorhühnchen. Oder der transatlantische Einheitsblinker.

Mal ernsthaft: Daimler Benz mutierte vor bald 20 Jahren zu Daimler-Chrysler, um das einheitliche Weltauto zu bauen. Zig Milliarden an Steuer- und Anlegergeldern hat das gekostet. Vereinfachungen hat es nicht gebracht. Aber Frust. Jetzt ist Fiat-Chrysler am Normendrücker. Die (Auto)-Industrie will, dass der Staat durch TTIP das regelt, was die Industrie nicht geregelt kriegt. Ein Armutszeugnis ist das. Wo ein Wille zur Vereinfachung wäre, da wäre längst auch ein Weg.

Unrechtsstaat übernimmt EU

Die Wahrheit sieht anders aus; so wie z.B. im Investitionsstreit zwischen der amerikanischen EuroGas Inc. und der Slowakischen Republik. Der Staat Slowakei, der – im Prinzip – für staatliche TTIP-Gerichte ist, will zwei Entscheidungen seines Obersten Gerichtshofs einfach nicht umsetzen. Dieser Staat Slowakei ist seit 2004 Mitgliedsstaat in der Rechtsgemeinschaft der Europäischen Union. Dieser Unrechtsstaat Slowakei übernimmt am 1.7.2016 sogar die Präsidentschaft in dieser Europäischen Union.

Tribunal statt Demokratie

Zum Glück für viele Tausend europäische und andere Geldgeber von EuroGas Inc. gibt es – noch aus Zeiten der Tschechoslowakei – das Investitionsschutzabkommen mit den USA. Das gilt heute auch für die Slowakei. Danach ist das ICSID-Tribunal der Weltbank für die Frage zuständig, ob die Slowakei 2004 EuroGas rechtmäßig enteignen durfte oder ob Schadenersatz wegen unrechtmäßiger Enteignung gezahlt werden muss; wohlgemerkt wegen einer Enteignung, die vom Obersten Gerichtshof der Slowakei schon vor Jahren zu Unrecht erklärt worden ist.

Recht in der Mülltonne

Die Parteien, der Kläger EuroGas und die Beklagte Slowakei, haben sich auf drei Schiedsrichter geeinigt. Sie bezahlen diese Schiedsrichter, die nur für diesen einen Fall bestellt sind. Die Streitenden versprechen, die Entscheidung der Schiedsrichter anzuerkennen. Keine Berufung, keine weitere Verzögerung, keine neuen staatlichen und überstaatlichen Stellen, keine zusätzlichen Staatskosten für TTIP-Richter. Keine Möglichkeiten, unliebsame Gerichtsentscheide in die symbolische Mülltonne zu stecken; dahin, wo sie – wie im Fall der Slowakei – seit Jahren stecken. Diese Schiedsgerichte seien undemokratisch, heißt es. Sie müssten abgeschafft werden. Das ist Quatsch. Gerichte müssen nicht demokratisch sein. Das hieße ja: AfD-VertreterInnen auf die Richtersessel! Sofern denn die anstehenden Wahlen so ausgehen, wie es Umfragen voraussagen. So viel Demokratie kann niemand ernsthaft wollen. Und TTIP-Gerichte auch nicht. Wirtschaft, wie sie wirklich läuft! Mehr erfahren?

von Martin Beier, vereidigter Sachverständiger für Wertpapieranlagen, Düsseldorf, 24.2.2016