Der 9.11.1989 war ein Donnerstag. Wer an diesem berühmten Donnerstag zufällig 10.000 Mark verzinslich anzulegen hatte, der konnte wählen: zwischen einer 8,25%-Bundesanleihe bis Juli 1990. Diesen Kurzläufer gab es damals zum Kurs für 100%. Der längste Langläufer war die 6%-Bundesanleihe von 1986II. Das Papier mit noch 27jähriger Laufzeit bis 2016 gab es für 85%. Diese Anleihe läuft heute unter der ISIN: DE0001134468. Der Kurs: 110%. Zwischenzeitlich wären bei Verkäufen sogar mehr als 120% dafür zu erzielen gewesen. Seither wirkt sich der näher rückende Tilgungstermin negativ auf den Kurs von „6% Bund ’86/16II“ aus: Wer jetzt noch kaufen würde, bekäme bis Juni 2016 kaum mehr Zinsen ausgezahlt als er bei der Rückzahlung am Kurs verlieren wird.

Kurssturz nach Mauerfall

Als an jenem Donnerstag-Abend die Schlagbäume hochgingen, war das für „6% Bund ‘86II“ schlecht. Ihr Kurs würde sinken, wenn die Zinsen steigen würden – wegen des riesigen Kapitalbedarfs für die Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West. Tatsächlich stieg die Umlaufrendite deutscher Anleihen von 7,5% im November 1989 bis zum Sommer 1990 auf mehr als 9%. „Bund ‘86II“ war bis dahin von 85% auf 75% gesunken.

Kalte Sommer – hohe Zinsen

Das Hoch der Zinsen im Regen-Sommer 1990 war allerdings bei Weitem nicht die höchste Durchschnittsrendite, die für deutsche Anleihen gemessen wurde. Neun Jahre zuvor, im ebenfalls verregneten Sommer 1981, hatte die Umlaufrendite bei fast 11,5% gelegen. Wollte man aus dem relativ geringen Anstieg der Zinsen in den ersten Montanen des wiedervereinten Deutschland schon die Schlussfolgerung ziehen, dass die Wiedervereinigung nicht an mangelnden Finanzen scheitern würde? Oder war es einfach noch zu früh, um Finanzen für die Verwirklichung großer Pläne abzurufen?

25 Jahre sinkende Zinsen

Seit Sommer 1990 geht es mit den Zinsen in Deutschland bergab, obwohl die Schulden Deutschlands immer mehr gestiegen sind. Statt 9,2% im Sommer 1990 gibt es heute, 25 Jahre nach der Mauer-Öffnung, im Durchschnitt nicht mal mehr 0,9% Zinsen/Rendite. Wer mehr haben will, muss intensiv suchen und er muss dicke Nerven mitbringen. Glücklich ist, wer im November 1989 tatsächlich die Bundesanleihe ‘86/16II erworben hat. Wer dieses Papier bis Juni 2016 durchhält, der wird über mehr als 26 Jahre hinweg jährlich 7% laufende Rendite ausgezahlt bekommen haben. Obendrein würde er mit der Tilgung zu 100% noch 15%punkte Schlussgewinn auf den Kaufkurs von 85% kassiert haben. Umgerechnet bedeutet dieser Schlussgewinn etwa 0,5%punkte zusätzliche Jahresrendite; zusammen also 7,5%.

Anleihen und Aktien gleichauf

Wer an jenem November-Donnerstag 1989 eine virtuelle Aktie namens „DAX-Kursindex“ erworben hätte, hätte knapp 1.400 Punkte dafür zu bezahlen gehabt. 25 Jahre später ist diese künstliche Aktie 4.800 Punkte wert. Die Differenz entspricht durchschnittlich 5,3% Kurszuwachs pro Jahr. Dividenden gehen in diese Rechnung nicht ein. Der „normale“ DAX- Performance-Index einschließlich wiederangelegter Dividenden ist in derselben Zeit von 1.500 auf zuletzt 9.200 Punkte gestiegen; mit ausgeprägten zwischenzeitlichen Schwankungen. Jahresdurchschnittlich bedeutet dies eine Steigerung von 7,9%; wohlgemerkt unter der unrealistischen Bedingung, Anleger würden Dividenden immer gleich wieder in zusätzliche Aktien anlegen und etwaige Steuerzahlungen aus anderen Einnahmen bestreiten. Am Ende wird man feststellen, dass Anleihen und Aktien in den 25 Jahren seit dem Fall der Mauer ähnlich gut gelaufen sind. In diesem Stil kann es mit Anleihen allerdings nicht weitergehen. Zinsen und Rendite haben – durchschnittlich – fast die Null-Schwelle erreicht. Sie können folglich nur noch wenig sinken. Entsprechend wenig können die Kurse von Anleihen steigen; ebenso nicht die Anteilwerte entsprechender Investmentfonds.