Wenn die Abgassache von VW nicht schon schmutzig genug wäre – für die sauberen Deutschen! Doch es wird aber noch schmutziger: Den Schaden tragen wir alle; sogar die Nicht-VW-Aktionäre, die Nicht-VW-Fahrer, die Nicht-VW-Beschäftigten. Alle büßen: alle Steuerzahler! Das ist der eigentliche Skandal!

Die Rückrufaktionen, die Strafzahlungen, die sinkenden Umsätze – das alles schrumpft den Gewinn von VW – und zwar auf lange Jahre. Wahrscheinlich wird VW sogar Verluste ausweisen, statt Gewinnen. D.h. zunächst: Auch das Land Niedersachsen wird keine Dividende mehr für seine VW-Beteiligung bekommen. Ministerpräsident Stephan Weil weiß Bescheid. Er ist einer der führenden VW-Aufsichtsräte. Er hat die Großmannssucht von Ferdinand Piëch und Martin Winterkorn mitgetragen. Jetzt muss er die Millionen aus dem Landesetat rausstreichen, die unter sauberen Umständen an Dividende aus Wolfsburg in die Staatskasse fließen würden.

Der Ausfall der VW-Dividende ist vielleicht noch der geringste Schaden. Schlimmer ist, dass VW für nicht mehr vorhandene Gewinne auch keine Steuern mehr abführen muss. Für 2014 hat VW noch 3,7 Mrd. € Steuern gezahlt. Die Rechnung für 2015 liegt noch nicht vor. Für 2016 muss man mit Verlusten rechnen; Steuern: null! Noch schlimmer: Die Verluste darf VW auf die Folgejahre vortragen. D.h., wenn Wolfsburg eines Tages – hoffentlich – wieder mit Gewinn arbeiten wird, dann werden immer noch keine Steuern fällig. Dann dürfen diese Gewinne erst mal mit den Verlusten aus der schmutzigen Vergangenheit verrechnet werden. So werden die „Sauereien aus Wolfsburg“ sozialisiert. Und wir büßen alle. Allein die Strafe, die in den USA fällig wird, schlägt mit schätzungsweise 500 € Steuerausfall durch – umgerechnet auf jedes Baby und jede Oma zwischen Flensburg und Freilassing. Und das ist nur die Strafe aus einem einzigen Land. Da ist noch kein müder Euro an Aufwand berücksichtigt, der für die Beseitigung der Sauereinen in den VW-Motoren fällig werden wird. Das ist der eigentliche VW-Skandal. Und die Verursacher lachen sich finanziell tot. Sie konnten sogar mit speziellen Börsengeschäften am Niedergang des VW-Aktienkurses verdienen! Hurra Deutschland!

von Martin Beier, vereidigter Sachverständiger für Wertpapieranlagen, Düsseldorf, 13.1.2016