Für Verbraucher ist Strom in Deutschland zu teuer. Für Stromproduzenten ist Strom zu billig. Verbraucher leiden für beides und noch mehr: Als Sparer oder Rentner werden sie faktsich enteignet.

Die Stromriesen RWE, Eon und andere machen derzeit hohe Verluste. Staat und Steuerzahler werden am  Ende die Riesen retten müssen, die längst zu Scheinriesen geschrumpft sind. Weil deutsche Atommeiler auf Staatsbefehl hin abgeschaltet werden mussten, wollen die Meilerfirmen RWE und Eon Schäden ersetzt haben; Schäden allerdings, die gar nicht entstanden sind. Wie man glaubt Verbraucher, Steuerzahler, Sparer und Rentner so über den Tisch ziehen zu können, das muss arg schon überraschen.

Verstrahlte Ansprüche

Die Schäden seien entstanden, weil der Strompreis so gesunken ist, so lautet die offenbar atomar verstrahlte Anspruchsgrundlage. Allerdings: Der Strompreis wäre sehr wahrscheinlich noch mehr gesunken, wenn deutsche Atommeiler nicht vor fünf Jahren abgeschaltet worden wären. Dann würden die Stromproduzenten jetzt nicht nur über die heutigen 20 € pro Megawattstunde stöhnen. Sie würden wahrscheinlich nur noch 10 € bekommen; statt 60 €, die sie vor fünf Jahren an der Strombörse EEX in Leipzig bekommen haben. Den Stromriesen ginge es heute entsprechend noch schlechter als es ihnen jetzt schon geht.

Kein Schaden sondern Gewinn

Durch den Umstand, dass die Bundeskanzlerin vor fünf Jahren die atomare Notbremse gezogen hat, ist also kein Schaden entstanden sondern ein Gewinn. Wo kein Schaden ist, kann kein Schadenersatz sein. Staat, Steuerzahler und Verbraucher büßen schon genug. Die Verlust-Stromer zahlen keine Körperschaftsteuern mehr. Steuerzahler und Verbraucher zahlen ständig für die Not-Stromreserve, wenn mal kein Alternativstrom ins Netz fließt. Und Allen ist klar, dass dereinst Staat und Steuerzahler für den Abbau der Atommeiler und die Endlagerung des Atommülls werden einspringen müssen. Die ehemaligen Atomstromer sind dann vermutlich längst verstaatlicht.

Börsen-Sozialismus

Als Sparer und Rentner leiden die Verbraucher bereits heute heftig, ohne dass ihnen auch noch Ersatz für Schäden aufgebrummt wird, die nicht entstanden sind. Investmentfonds und Versicherungsguthaben sind um Milliarden im Wert gesunken, soweit die entsprechenden Verwalter es – warum auch immer – versäumt haben, z.B. Eon- und RWE-Aktien aus Fonds und anderen Gemeinschaftsanlagen zu verkaufen, als die Kurse dafür noch nicht so tief standen. „Börsen-Sozialismus“ nenne ich diese Form der Enteignung. „Kaputtalismus“ war an anderer Stelle jüngst für ähnlich negative Tendenzen des aktuellen Kapitalismus zu lesen. Börse, wie es wirklich läuft. Mehr wissen?

von Martin Beier, vereidigter Sachverständiger für Wertpapieranlagen, Düsseldorf, 30.3.2016